Timon kämpft um seinen Platz: Gericht stärkt Rechte von Diabetes-Schülern

Timon Walczak, ein Schüler mit Typ-1-Diabetes, kämpft für Inklusion, nachdem er von einem Schulausflug ausgeschlossen wurde.
Timon Walczak, ein Schüler mit Typ-1-Diabetes, kämpft für Inklusion, nachdem er von einem Schulausflug ausgeschlossen wurde. (Symbolbild/MB)

Vegesack, Deutschland - Ein tragischer Vorfall hat die Schulgemeinschaft in Bremen-Burglesum aufgerüttelt: Timon Walczak, ein 13-jähriger Schüler, wurde von einem wichtigen Schulausflug in den Heidepark ausgeschlossen. Timon leidet seit fünf Jahren an Diabetes Typ 1, eine Erkrankung, die ihm bereits in der dritten Klasse diagnostiziert wurde. Zunächst erhielt er Unterstützung von einer Assistentin, die ihm beim Spritzen von Insulin half; mittlerweile meistert er diese Aufgabe selbstständig und verantwortungsvoll, seit er in der fünften Klasse ist. Doch trotz seiner Bemühungen wurde seine Teilnahme am Ausflug abgelehnt, was seine Mutter, Joanna Walczak, sehr erschütterte. Dies wirft Fragen auf, die weit über den Einzelfall hinausgehen.

Die Schule begründete den Ausschluss mit Bedenken hinsichtlich Timons Verhalten in kritischen Situationen und der Notwendigkeit, eine sichere Grundlage für schulische Aktivitäten zu schaffen. Ohne fachliche Einschätzung des Gesundheitsamtes sah sich die Schulleitung unfähig, Verantwortung zu übernehmen. Solche Entscheidungen führen zu Verunsicherung nicht nur für betroffene Schüler, sondern auch für deren Familien. „Vor zwei Jahren hat Timon an einer mehrtägigen Klassenfahrt ohne Probleme teilgenommen“, betont Walczak, was die aktuelle Situation umso tragischer erscheinen lässt.

Inklusion im Schulalltag

Doch dies ist kein Einzelfall. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit Diabetes Typ 1 in Deutschland nimmt kontinuierlich zu: Etwa 3000 Betroffene unter 18 Jahren erkranken jährlich neu. Dies stellt Schulen vor große Herausforderungen. Experten fordern daher eine bundeseinheitliche Regelung zur Unterstützung von chronisch kranken Kindern in Kitas und Schulen. Professor Dr. med. Baptist Gallwitz und Dr. med. Jens Kröger argumentieren, dass Schulungen für Betreuer und Lehrer dabei helfen könnten, Ängste abzubauen und Unsicherheiten zu überwinden. Der Bedarf an solchen Schulungen ist hoch: In 80% der Fälle in Kitas und 70% in Schulen erfolgt die Finanzierung durch Spenden oder ehrenamtliche Unterstützung, was die Qualität der Schulung beeinflussen kann.

Timon und seine Eltern haben gegen die Entscheidung der Schule Beschwerde bei der Senatorin für Kinder und Bildung eingereicht und eine Klage gegen die Stadtgemeinde Bremen beim Verwaltungsgericht angestrebt. Das Gericht hob daraufhin den Bescheid der Schule auf. Es stellte fest, dass Timon das Recht auf Teilnahme an außerschulischen Veranstaltungen hat, was die Schulleitung zur Einsicht brachte. Nun hat die Schule Handlungsempfehlungen von der Senatorischen Behörde erhalten und informiert die Familie, dass Timons Teilnahme an weiteren Aktivitäten künftig grundsätzlich möglich ist.

Eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung

Wie die Situation in Bremen zeigt, gibt es deutschlandweit erhebliche Teilhabeprobleme für Kinder und Jugendliche mit Diabetes Typ 1. Laut einer Erhebung leben in Nordrhein-Westfalen allein über 7000 Kinder mit dieser Erkrankung. Häufig sind die Betroffenen bei Klassenfahrten, wie in Timons Fall, nur eingeschränkt in der Lage, am sozialen Leben teilzuhaben. Dies steht im Widerspruch zum Recht auf uneingeschränkte Teilhabe, das durch die UN-Behindertenrechtskonvention und das Bundesteilhabegesetz (BTHG) gewährleistet ist.

Eltern berichten von Schwierigkeiten und Unzulänglichkeiten bei der Gewährung von Hilfeleistungen. Oft compensen sie die Teilhabeprobleme durch Anwesenheit oder Rufbereitschaft, was auf Dauer eine immense Belastung darstellt. Die aufwändige Beantragung von Unterstützung und mangelnde Transparenz erschweren die Situation zusätzlich. Der dringende Bedarf an Schulungen für Lehrpersonen, um den Umgang mit Kindern, die Diabetes Typ 1 haben, zu verbessern, wird von vielen Eltern gefordert.

Es bleibt zu hoffen, dass die Ereignisse rund um Timon Walczak für ein Umdenken in der Schullandschaft sorgen und ein wichtiger Schritt in Richtung einer inklusiven und gerechten Bildung für alle Kinder mit chronischen Krankheiten ist.

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Ort Vegesack, Deutschland
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